Das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aus unserer heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Einerseits sind die Betreuungsbedarfe von Eltern nach wie vor nicht gedeckt, andererseits wird der Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen für Familien immer größer. Warum es so wichtig ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen, zeigt allen voran ein Blick auf die Statistik.
Von ungedeckten Betreuungsbedarfen…
Eine gelingende Vereinbarkeit braucht in erster Linie eine verlässliche Betreuung. Die Lücke zwischen Betreuungsbedarfen und tatsächlichen Angeboten ist jedoch nach wie vor sehr groß. Im Jahr 2019 äußerten 64 % der Eltern von einjährigen Kindern in Deutschland einen Betreuungsbedarf in einer Kindertageseinrichtung oder der Tagespflege. Bei Eltern von zweijährigen Kindern lag der Bedarf an einer institutionellen Betreuung sogar bei 81 %. Jedoch blieb im Jahr 2019 mehr als ein Fünftel der von den Eltern geäußerten Bedarfe ungedeckt. Trotz Bedarf bekamen diese Eltern demnach keinen institutionellen Betreuungsplatz für ihr Kind. Bei jeder zehnten Familie in Deutschland gibt es zwar eine Betreuung, doch liegt der angebotene Betreuungsumfang unter dem tatsächlichen Bedarf.
… zu Müttern in Teilzeit
Eltern insgesamt, aber insbesondere Mütter, stehen also vor der Herausforderung, die Betreuung ihres (Klein-)Kindes mit ihren beruflichen Ambitionen zu vereinbaren. Das tradierte Familienmodell, in denen der Vater in Vollzeit berufstätig war, um die Familie zu ernähren und sich die Mutter ausschließlich um Haushalt sowie Kinder kümmern konnte, ist inzwischen längst überholt. Im Jahr 2019 waren in Deutschland 74,7 % der Mütter mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren erwerbstätig. Nur die wenigsten berufstätigen Mütter arbeiten jedoch in Vollzeit. Die Teilzeitquote von Frauen mit mindestens einem Kind unter 12 Jahren lag in Deutschland im Jahr 2019 bei 66,7 %. Väter in derselben Situation reduzierten ihre Arbeitszeit deutlich seltener. Die Teilzeitquote erwerbstätiger Väter in Deutschland lag 2019 bei 6,9 %. Dass Mütter ihre Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung reduzieren, kann nicht der Weg sein, der zu einer gelungenen Vereinbarkeit führt.
Woran liegt das?
Warum dennoch so viele Eltern in das Teilzeitmodell gezwungen werden, liegt allen voran an fehlenden externen Betreuungsmöglichkeiten. Die regulären Betreuungszeiten für unter Dreijährige lassen einen achtstündigen Arbeitstag zuzüglich Fahrtwegen häufig nicht zu. Wer keine familiäre Unterstützung vor Ort hat oder sich keine kostspielige private Kinderbetreuung organisieren kann bzw. will, um diesen Mangel auszugleichen, dem bleibt zwangsläufig nur die Reduzierung der Arbeitszeit. Dieses Phänomen allein ist schon recht paradox, da gerade Familien eine erheblich höhere finanzielle Belastung erleben als kinderlose Berufstätige. Fraglich ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, ob es überhaupt noch zeitgemäß ist, die 40-Stunden-Woche als das erstrebenswerte Arbeitsmodell zu sehen.
Zum anderen führt die engere körperlich-emotionalen Bindung zum Kind dazu, dass vor allem Mütter ihre Arbeitszeit zugunsten der Kinderbetreuung reduzieren. Allein durch die Schwangerschaft erleben Mütter gezwungenermaßen ein temporäres Ausscheiden aus dem Job. Wenn sich die Mutter nach der Geburt des Kindes entscheidet zu stillen, ist eine regelmäßige und vor allem zeitlich flexible Versorgung des Kindes unterlässlich. Durch diese körperliche Komponente wird die Mutter zudem zur engeren Bindungsperson des Kindes in dessen ersten Lebensmonaten bis -jahren. Natürlich kann sich jede Mutter auch gegen das Stillen entscheiden. Die meisten Mütter entscheiden sich allerdings dafür: In den Geburtsjahrgängen 2002-2012 begannen 82 % der Mütter nach der Geburt des Kindes mit dem Stillen. Mit höherem Bildungsgrad der Mutter stieg diese Quote sogar. Im Schnitt stillten Mütter ihr Kind in diesen Geburtsjahrgängen 7,5 Monate lang. Mütter mit hohem Bildungsgrad stillten durchschnittlich sogar 9,3 Monate. Im Gegensatz zur klassischen Rollenverteilung stehen Mütter damit heute vor der Herausforderung, sich aktiv entscheiden zu müssen, wie sie ihre Zeit investieren: In ihr Kind oder in ihre Karriere.
Was das mit Blick auf die Vereinbarkeit bedeutet
Auch die Pandemie hat schmerzlich gezeigt, wie schnell es dahin sein kann, mit einer guten Vereinbarkeit. In krisenhaften Situationen fallen Familien scheinbar schnell wieder in klassische Modelle zurück, selbst wenn die Aufteilung von Care-Arbeit ansonsten innerhalb der Familie gleichberechtigt(er) verteilt ist.
Es ist also mehr als notwendig, über Arbeitsmodelle nachzudenken, die es Eltern gleichermaßen ermöglichen, den familiären Bedürfnissen gerecht zu werden und berufliche Ziele zu verfolgen. Die Erprobung einer Vier-Tage-Woche, 32-Stunden als Vollzeit zu werten oder Care-Arbeit zu entlohnen wären nur einige Ansätze, die hier denkbar wären.
Quellen:
Der Betreuungsbedarf bei U3- und U6-Kindern, DJI-Kinderbetreuungsreport 2020, https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/dasdji/themen/Kinderbetreuung/DJI-Kinderbetreuungsreport_2020_U3-U6-Kinder_Studie1.pdf.pdf
Betreuungsbedarf der Eltern und Betreuungsquote von Kindern unter drei Jahren 2020 nach Ländern aus Kindertagesbetreuung Kompakt: Ausbaustand und Bedarf 2020
Drei von vier Müttern in Deutschland waren 2019 erwerbstätig, Pressemitteilung Nr. N 017 vom 5. März 2021, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/03/PD21_N017_13.html
KiGGS–Studie zum Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen, https://www.allum.de/wissenswertes/kiggs-studie-zum-gesundheitszustand-von-kindern-und-jugendlichen
[…] auf die Statistik ganz grundsätzlich um das Thema Vereinbarkeit steht, habe ich mit in diesem Beitrag […]
[…] auf die Statistik ganz grundsätzlich um das Thema Vereinbarkeit steht, habe ich mit in diesem Beitrag […]